6. Dezember 1914
Das im Grundbuche für Oberlungwitz auf den Namen des Banddirektors Christian Friedrich Lorenz in Blasewitz (der sich bekanntlich in Untersuchungshaft befindet) eingetragene Grundstück in der Nähe des Mineralbades Hohenstein ist heute im Wege der Zwangsversteigerung für den Preis von 960 Mk. von unserer Stadtgemeinde erworben worden. Das Grundstück, das zumteil eingezäunt und bepflanzt ist, war auf 1350 Mk. geschätzt und diente Herrn Krankenkassierer Koch als Sommersitz.
9. Dezember 1914
Die sogenannte Türmchenscheune, die durch ein Sommergewitter beschädigt worden war, ist wieder vollständig hergerichtet worden. Wenigstens auf absehbare Zeit ist also Sorge getragen, daß unser Stadtbild, dem die Türmchenscheune das Gepräge mit gab, erhalten bleibt. Es ist mit großem Dank zu begrüßen, daß auch in Hausbesitzerkereisen dem Sinn für alte Bauten, für Erhaltung von Baudenkmälern u.ä. Rechnung getragen wird. Dadurch kann am ehesten erreicht werden, daß nicht alles, was uns an alte Zeiten erinnert, vom Tun unserer Väter berichtet, dem gleichermaßen den Zahn der Zeit zum Opfer fällt.
10. Dezember 1914
Unsere Stadtverordneten genehmigten gestern das Gesuch des Herrn Bürgermeisters Dr. Patz um zeitweilige Enthebung von seinem Amte zum Zwecke des freiwilligen Eintritts in den Heeresdienst. Der Rat hatte das bereits wiederholt eingereichte Gesuch bisher stets abgelehnt, sich jetzt aber doch nicht der Ansicht verschließen können, daß die Verhältnisse dessen Genehmigung erheischen. Auf denselben Standpunkt stellte sich auch die Stadtverordneten-Versammlung. Anstelle des Herrn Stadtrat Bohne wurde Herr Fabrikbesitzer Kurt Zwingenberger zum Stadtrat gewählt. Was sonst noch beraten und beschlossen wurde, wolle man im Sitzungsbericht nachlesen.
Heute früh kurz nach 5 Uhr brach in einem massiven Schuppen des Herrn Bäckermeister Crasser auf dem Pfarrhain Feuer aus, das ein kleines Quantum Stroh vernichtete. Die alarmierte Feuerwehr hatte nur kurz einzugreifen. Gefahr für die Nachbarschaft bestand nicht. Die Ursache des Brandes ist wahrscheinlich darin zu suchen, daß ein Funke aus der Esse, der zufällig durch ein offenes Fenster in den Schuppen fiel, das Stroh aufflammen ließ. Der angerichtete Schaden ist geringfügig. Zwei Schweine, die sich in dem Schuppen befanden, konnten gerettet werden.
15. Dezember 1914
Ein seltenes Jubiläum konnte am gestrigen Sonntag der leitende Lehrer der Hüttengrundschule, Herr Hausmann, begehen, der nunmehr seit 30 Jahren dort ständiger Lehrer ist und vorher bereits zwei Jahre und vier Monate an ihr als Vikar wirkte. Am Sonnabend früh fand aus diesem Anlaß im festlich geschmückten Klassenzimmer eine schlichte aber eindrucksvolle Schulfeier statt, in der Herr Pastor Dybeck als Ortsschulinspektor sich mit warmen Worten an den Jubilar wandte und dessen Verdienste um die Schule hervorhob. Am gestrigen Sonntag beglückwünschte auch der Schulvorstand den Jubilar und übermittelte ihm die Segenswünsche der Schulgemeinde. Als Anerkennung für die von Herrn Lehrer Hausmann geleisteten kirchenmusikalischen Dienste überreichte Herr Pastor Dybeck dem vielseitig Geehrten eine diesem von der Kircheninspektion verliehene Auszeichnung. Am Sonntag früh brachten ihm die im Bethlehemstift liegenden verwundeten Krieger, mit denen er in ständiger angenehmer Verbindung steht, ein Morgenständchen, das den Jubilar lebhaft erfreute. Fast keiner der Soldaten hatte am Sonnabend den zugestandenen Urlaub angetreten, um bei der Huldigung zugegen sein zu können. Alle Waffengattungen waren vertreten und selten wohl dürfte aber auch eine Huldigung aus ehrlicherem Herzen gekommen und zu empfänglicheren Herzen gesprochen haben. Möge es Herrn Hausmann vergönnt sein, noch manches Jahr hindurch seine treue und gesegnete Wirksamkeit fortzusetzen.
22. Dezember 1914
Von bahnamtlicher Seite wird uns mit der Bitte um Veröffentlichung geschrieben: In der Durchgangshalle des hiesigen Bahnhofsgebäudes sammeln sich in letzter Zeit insbesondere an Sonn- und Festtagen Männer, Frauen und Kinder an, die zumeist sich nur deshalb in dem Bahnhofsgebäude aufhalten um dort vorübergehend Unterkunft zu finden, Militärtransporte und zurückkehrende verwundete Krieger zu beobachten oder sonst irgend eine Neuigkeit zu erfahren. Da dadurch die ordnungsgemäße Abwicklung des Reiseverkehrs erschwert wird, hat sich die Eisenbahnverwaltung veranlasst gesehen, in der hiesigen Bahnhofshalle eine Bekanntmachung anzuschlagen, die darauf hinweist, daß Unbefugten der Aufenthalt daselbst verboten ist und Zuwiderhandlungen nach §§ 77, 82 (1) der Eisenbahn-Bau und Betriebsordnung bestraft werden. Das Publikum wird hierauf aufmerksam gemacht.
31. Dezember 1914
Das Opfer von Straßenräubern wurde ein Chemnitzer Schleifergehilfe, der am 1. Festtage hier einer Abendunterhaltung beiwohnte und dabei, weil er gerade Geburtstag feierte, einige Glas über den Durst getrunken hatte. Zwei Unbekannte biederten sich bei ihm an und erboten sich als Führer nach dem Bahnhof. In der Nähe der Straßenunterführung am Ausgang der Schützenstraße hielt einer der Begleiter den Glasschleifer fest, während der andere ihm die Geldtasche mit gegen 17 Mark entriss. Beide Räuber suchten sofort das Weite; sie bleiben bis jetzt unerkannt. Wer Wahrnehmungen über den Vorfall gemacht hat, wolle sie der Polizeiwache mitteilen.