10. Januar 1914
Eine wahre Freude war es, gestern abend zu beobachten, wie sich Männlein und Weiblein in großer Zahl auf der Rodelbahn des Erzgebirgsverein tummelten, noch mehr Freude aber bot sich dem, der sich dem lustigen Treiben anschließen konnte. In schöner Fahrt ging es trotz einiger störender Buckel talwärts bis in den Wald hinein, wenn auch auf etwa halber Höhe der Bahn der Wind die Eiskörnchen von der Schneedecke ablöste und dem Fahrer ins Gesicht trieb. Wem der Wind zu sehr durchs Gewand pfiff, der hielt zur Einnahme von etwas Wärmenden Einkehr beim Hüttenwirth, der bänglich Ausschau nach dem Wetter hielt und jedenfalls schon gestern geahnt hat, daß er nun bis auf weiteres des beschwerlichen Bergsteigens enthoben ist, denn solchem durchdringenden Regen hält schließlich auch eine hartgefahrene Bahn nicht stand.
14. Januar 1914
Die goldene Hochzeit feiern zu können, ist nächsten Sonnabend, den 17. Jan., dem Webermeister August Otto und seiner Ehefrau geb. Gräfe vergönnt. Sind die alten Leute leider auch nicht mehr so rüstig, daß sie ihrer gewohnten Lebenslangen Berufsarbeit noch nachgehen könnten, so freuen sie sich doch auf den Ehrentag und schauen lebensfreudig in die Zukunft, von der sie noch einige Jahre beschaulicher Ruhe erwarten. Ein reicher Kreis von Kindern, Enkeln und Urenkeln umgibt die alten Leute und wird am Tage der goldenen Hochzeit um sie versammelt sein. Erwähnenswert ist bei dieser Gelegenheit, daß das Jubelpaar noch heute in der Wohnung am Silbergäßchen wohnt, die es vor reichlich 40 Jahren nach dem Brande des genannten Gäßchens Anfang der 70er Jahre bezogen hatte. Wir möchten heute als erste den Kranz der Glückwünsche eröffnen, der den braven alten Leuten sicher beschert wird.
16. Januar 1914
Feuersignale erschollen gestern in der 6. Abendstunde durch die Stadt. Gegen 5 Uhr war ein Trockenraum des Wollhauses der Chemischen Bleicherei Hüttengrund durch Fahrlässigkeit ein Brand entstanden, der außerordentlich schnell um sich griff. Sehr bald waren Teile der 1. Komapagnie unserer Freiw. Feuerwehr sowie die Hüttengrunder Wehr zur Stelle und machten sich unter Leitung des Herrn Branddirektors Lange ans Löschwerk, das insofern von bestem Erfolge war, als es gelang, den Lagerraum für fertige Wolle, der mit großen Vorräten gefüllt war, vor dem gefräßigen Element zu schützen. Wie polizeilich festgestellt ward, ist der Brand fahrlässiger Weise verursacht worden, und zwar durch einen im Trockenraum arbeitenden, jungen Mann, der auf Veranlassung seines Kollegen eine den Trockenraum beleuchtende Gaslampe mit einem Streichholz anzündete und das noch brennende Hölzchen in den die Lampe umschließenden Schutzkasten warf, an dessen Boden sich Luftlöcher befanden. Der im Schutzkasten angesammelte Wollstaub entzündete sich sofort und das Feuer wurde durch den vom Exhaustor hervorgerufenem starken Luftzug weitergetragen, zunächst auf die auf Trockennetzen ausgebreitete Wolle. Die Arbeiter mussten sich so schnell wie möglich in Sicherheit bringen. Große Mengen von Wollen, Baumwolle u. dergl. sind durch den Brand vernichtet worden, der auch daß ganze Trockengebäude ergriff, das völlig ausbrannte. Die Flammen schlugen oft bis fast zum angrenzenden Walde hinüber und nur der günstigen Windrichtung ist es zu danken, daß der Brand nicht auch die übrigen Baulichkeiten ergriff. Der Schaden, den die Firma Gebrüder Meißner erleidet, ist ein recht beträchtlicher, wenngleich er teilweise durch Versicherung gedeckt werden dürfte. Bereits vor zwei Jahren brannte das gleiche Gebäude fast völlig aus. Der junge Mann, der den Brand verursachte, ward in Haft genommen und zwecks Vernehmung dem Amtsgericht zugeführt. Von den auswärtigen Wehren gab die Feuerwehr Hermsdorf das erste Wasser.
18. Januar 1914
Mit dem Wegschaffen von Schnee aus den verkehrsreichsten Straßen ist unsere Stadtverwaltung schon seit reichlich einer Woche beschäftigt. Seit einer Reihe von Jahren war dies nicht in dem Maße der Fall, wie heuer. Es ist dies ein Zeichen von der Andauer und dem Umfang der Schneefälle, die in Verbindung mit der eingesetzten Kälte bewirkten, daß wir endlich einmal von einigen Schneewinterwochen. Außer von der gesundheitlichen Seite ist das besonders auch vom Standpunkt des Geschäftslebens aus zu begrüßen, das zwar nicht auf die Höhe gebracht werden kann, als wie dies um Weihnachten möglich war, immerhin aber eine wünschenswerte Ausrichtung erfuhr.
22. Januar 1913
! Feuer im Rathause ! Dieser Ruf erscholl gestern Dienstag abend in der 8. Stunde, nachdem zunächst einzelne Feuersignale in den Straßen ertönt waren. Glücklicherweise war die Sache an sich nicht schlimm, wiewohl einiger Schaden beim Aufsuchen des Brandherdes und beim Löschen entstanden ist. Kurz nach ½ 8 Uhr bemerkten im Meldeamtszimmer beschäftigte Beamte Brandgeruch und benachrichtigten sofort Herrn Bürgermeister Dr. Patz. Bei näherer Untersuchung bemerkte man in der Decke nahe der Esse einen weißen Fleck und hörte auch gleichzeitig ein Knistern im Fehlboden. Beim Durchstoßen dieses weißen Fleckes sah man weiter, daß die innere Decke zwischen dem Meldeamts- und dem Ratssitzungszimmer brannte, und zwar war der Deckel von den Flammen ergriffen, der den Luftschacht neben der Esse abschließt; auch das Ballenwerk war bereits in Brand geraten. Mit sofort angewandten Minimax- und Trockenlöschapparaten ging man dem Brandherd zuleibe und konnte das Feuer auch unterdrücken, ehe die alarmierte Wehr in Tätigkeit zu treten brachte. Man ist sich noch nicht klar über die Ursache des Brandes, der sich sicher von den schlimmsten Folgen begleitet gewesen sein würde, wenn er einige Stunden später ausgekommen und nicht von den Beamten beobachtet worden wäre. Infolge der Löscharbeiten ist die Dielung vollständig zerstört; der Luftschacht und die Ballendecke zum teil beschädigt worden; natürlich ist auch Schaden durch Wasser entstanden und die Wände haben durch Ruß usw. gelitten.