06. November 1918
Auf tragische Weise mußte sein Leben dem Vaterlande opfern der im 37. Jahre stehende Tapeziermeister Karl Vogel, Inhaber des seit 12 Jahren bestehenden Möbelgeschäfts Chemnitzer Straße. Am 7. Oktober sollte er wegen Erkrankung einer Sammelstelle überwiesen werden, wurde aber auf dem Transport zum Lazarett durch Entgleisung des Krankenzuges getötet. Am 3. August 1914 zum Kriegsdienst eingezogen, diente Vogel als Gefreiter in einem Reserve-Infanterie-Regiment. Die schwere Krankheit, welche er sich im Felde zu gezogen, hatte nun zur Folge, daß der im besten Mannesalter Stehende aus dem Leben gerissen wurde. Eine Witwe und zwei Kinder, sowie Eltern und Geschwister betrauern den Verlust des jederzeit schaffensfreudigen Gatten und Vaters und rührigen Geschäftsmannes. Er war der älteste Sohn des pens. Oberpostschaffners Karl Vogel. – Ferner starb infolge schwerer Krankheit in einem Kriegslazarett der 28 Jahre alte Fahrer in einem Artillerie-Regiment Herr Kurt Scheer, Sohn des Landwirts Wilhelm Scheer in Wüstenbrand (Kühler Morgen). Der Brave, der außer seiner zweijährigen Dienstzeit im Frieden über vier Jahre an den schwersten Kämpfen mit teilgenommen, mußte nun ebenfalls ein Opfer des furchtbaren Krieges werden.
09. November 1918
Die unsinnigsten Gerüchte gehen wieder einmal in unserer Stadt von Mund zu Mund. Der schlimmsten eines ist das, im Hause des Bäckermeisters Z. seien die schwarzen Pocken ausgebrochen. Frau Z. sei daran gestorben und, am ganzen Körper schwarz, in die Leichenhalle gebracht worden. Davon ist selbstverständlich kein Wort wahr. Frau Z. war lediglich an der Grippe erkrankt, versieht aber ihren Dienst im Laden schon wieder genau wie früher. Wir können nicht eindringlich genug davor warnen, solchen Klatsch zu glauben und weiterzuverbreiten, da jeder, der es tut, sich u. U., in diesem Falle wegen Geschäftsschädigung, strafbar macht.
12. November 1918
Nach kurzem Kranksein ist am Freitag Herr Schneiderobermeister Wilhelm Vates verschieden und am heutigen Montag zur letzten Ruhe bestattet worden. Mit Ihm ist ein Mann dahingegangen, der besonders bei seinen Kollegen eine beliebte Persönlichkeit und seiner Kundschaft in Stadt und Land ein gerechter Geschäftsmann war. 23 Jahre stand er der Schneiderinnung von Hohenstein-Ernstthal und Umgegend als Obermeister vor und stellte während der letzten Kriegsjahre seine Kräfte und Fachkenntnisse als Leiter der städtischen Kleiderstelle zur Verfügung. Mit 19 Jahren kam er als Zuschneider in das Swarovskysche Maßschneidergeschäft, daß er nach dem Tode seines Schwiegervaters übernahm, durch Hinzunahme fertiger Herrenbekleidung vergrößerte und über 30 Jahre lang zur Zufriedenheit seiner Kundschaft betrieb. Durch streng solides Geschäftsgebaren hat sich der Verstorbene jederzeit ausgezeichnet. Neben seiner beruflichen Pflicht war er im städtischen Volksbücherei-Ausschuß, im Steuereinschätzungsausschuß und in mehreren Vereinen als Vorstandsmitglied tätig. Alle, die mit ihm geschäftlich näherzutreten Gelegenheit hatten, werden sein Hinscheiden schmerzlich bedauern.
17. November 1918
Ein Gedenktag von hoher wirtschaftlicher Bedeutung für unsere Gegend war der gestrige Freitag. Es vollendeten sich 60 Jahre, daß die Bahnlinie Chemnitz – Zwickau in Betrieb genommen wurde. Gleichzeitig wurde auch auf der Flügelbahn Schönbörnchen – Meerane – Gößnitz der Betrieb aufgenommen.
24. November 1918
Auf Wunsch der Bergarbeiter, die wieder wie vor dem Kriege einfahren, läßt die Ueberlandbahn den Zug Nr. 47 ab Hohenstein-Ernstthal 8,56 täglich verkehren. Mit Rücksicht auf die ausfahrenden Bergarbeiter ist ein neuer Wagen in der Richtung von Oelsnitz nach Hohenstein-Ernstthal eingelegt, welcher 10,17 abends Oelsnitz verläßt. Wir verweisen im übrigen auf die Bekanntmachung in der heutigen Nr.
29. November 1918
Seit Dienstag beginnt die Stadt ihren Flaggenschmuck anzulegen, um den heimkehrenden Kriegern ein freundliches Straßenbild zu zeigen und ihnen einen Willkommensgruß zu bieten. Reich ist die Zahl der Fahnen und Flaggen noch nicht, aber sie wird wachsen, und dann werden die einziehenden Kämpfer, die uns über vier Jahre den Feind von den Grenzen gehalten haben, fühlen, wie die Stadt Hohenstein-Ernstthal ihrem Dank Ausdruck zu geben weiß. Der Bahnhof, auf dem jetzt täglich zahlreiche Krieger eintreffen, hat sich ebenfalls geschmückt, indem an jede der auf den Bahnsteigen stehenden Säulen eine Tanne oder Fichte gestellt worden ist, was dem ganzen ein überaus freundliches Aussehen gibt. Mit welchen Fahnen jeder dem Heimkehrenden einen Willkommensgruß entbieten will, ist völlig freigestellt: schwarz-weiß-rot, grün-weiß, rot-weiß oder auch rot, jede Farbe ist geeignet, um denen, die vier Jahre den Feind vom heimischen Herd ferngehalten, zu sagen: Herzlich willkommen in der Heimat!
30. November 1918
Für das „Mittagessen für arme und kränkliche Kinder an der Neustädter Schule“ spendeten im Laufe des Jahres an Gaben: Herr Fabrikbesitzer E. Meisch 86,25 Mk. und der Frauenverein St. Trinitatis 53,50 Mk. Herzlichen Dank! Vergelts Gott! Um weitere Gaben wird gebeten.